Der Rechtsausschuss hat am Mittwoch mit 13 Ja-Stimmen, keiner Nein-Stimme und 10 Enthaltungen seinen Standpunkt zu neuen Regeln zur Unterstützung der sogenannten standardessentiellen Patente (SEPs) angenommen. Diese Patente schützen Spitzentechnologien wie Wi-Fi oder 5G, die für einen technischen Standard wesentlich sind, was bedeutet, dass z. B. keine Produkte für das Internet der Dinge (IoT) entwickelt werden können, ohne sie zu nutzen. Sie spielen auch eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von vernetzten Fahrzeugen, intelligenten Städten und Technologien zur Eindämmung des Klimawandels.
Ziel ist es, die Inhaber und Umsetzer von SEP zu ermutigen, in der EU innovativ zu sein und Produkte zu entwickeln, die auf den neuesten standardisierten Technologien basieren und Unternehmen und Verbrauchern zugute kommen.
Schwerpunkt auf kleinen Unternehmen
Die Abgeordneten wollen das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) beauftragen, eine zentrale Anlaufstelle für SEP-Lizenzen einzurichten, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-ups kostenlose Schulungen und Unterstützung anbietet. Das EUIPO sollte kleinen Unternehmen auch dabei helfen, herauszufinden, welches standardessenzielle Patent sie bei der Entwicklung ihrer Produkte nutzen und somit bezahlen müssen, und wie sie ihre Rechte am besten durchsetzen können, einschließlich der Frage, wie sie bezahlt werden, wenn sie ein solches Patent besitzen.
EUIPO-Kompetenzzentrum
Die Abgeordneten einigten sich darauf, das EUIPO mit neuen Befugnissen auszustatten, um Rechtsstreitigkeiten zu verringern und die Transparenz zu erhöhen. Das EUIPO wird ein Register der Inhaber von standardessenziellen Patenten erstellen, es wird überprüfen, welche Patente für einen bestimmten Standard wirklich essenziell sind, wie hoch die angemessene Vergütung für die Nutzung eines solchen Patents ist und bei entsprechenden Verhandlungen zwischen Unternehmen helfen. Das EUIPO sollte auch eine elektronische Datenbank mit detaillierten Informationen über die Bedingungen von SEPs für registrierte Nutzer, einschließlich akademischer Einrichtungen, einrichten.
Das EUIPO-Kompetenzzentrum soll auch Gutachter für SEPs und Schlichter ausbilden, die zwischen den Parteien vermitteln, und eine Liste von EU-Kandidaten für diese Positionen erstellen. Die Abgeordneten fügten Bestimmungen hinzu, um sicherzustellen, dass diese Kandidaten über die erforderlichen Qualifikationen verfügen und unparteiisch sind. Das Kompetenzzentrum würde außerdem mit nationalen und internationalen Patentämtern sowie mit Behörden von Drittländern, die sich mit SEPs befassen, zusammenarbeiten, um Informationen über die SEP-bezogenen Regeln außerhalb der EU zu erhalten.
Zitat
Nach der Abstimmung im Ausschuss sagte die Berichterstatterin Marion Walsmann (EVP, DE): „Die neuen Instrumente werden die dringend benötigte Transparenz in ein undurchsichtiges System bringen, die Verhandlungen fairer und effizienter machen und die europäische Technologiesouveränität stärken. So sind beispielsweise bei 5G fast 85 % der standardmäßig wesentlichen Patente in Wirklichkeit nicht wesentlich. Die neue Wesentlichkeitsprüfung wird das Auftreten von Überdeklarationen verhindern und die Position der EU-SEP-Inhaber auf den globalen Märkten stärken. SEP-Inhaber werden auch von einer größeren Anzahl von Lizenzen, schnelleren Vereinbarungen, besser vorhersehbaren Erträgen und einem geringeren Risiko von Rechtsstreitigkeiten profitieren. SEP-Implementierer, bei denen es sich zu 85 % um kleine und mittlere Unternehmen handelt, werden von der rechtlichen und finanziellen Vorhersehbarkeit profitieren.“
Nächste Schritte
Der vereinbarte Text muss vom Parlament als Ganzes angenommen werden, bevor die Gespräche mit den EU-Ländern über die endgültige Form der Rechtsvorschriften beginnen können.
Hintergrund
Der derzeitige SEP-Markt ist zersplittert, da es keine Organisation gibt, die die Unternehmen darüber informiert, wer welche Schlüsselpatente hält und wie viel sie für deren Nutzung verlangen. Dies erschwert es den Unternehmen, neue Geräte zu entwickeln, die die von diesen Patenten abgedeckten Technologien nutzen. Die Kommission hat im April 2023 als Teil des EU-Patentpakets“ eine neue Verordnung über wesentliche Standardpatente vorgeschlagen. Der Vorschlag ist eine Reaktion auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. November 2021, in der die Abgeordneten ein starkes, ausgewogenes und robustes System des geistigen Eigentums forderten.