Xi Jinpings Besuch in Ungarn, seine letzte Station Drei-Länder-Tour durch Europa, erfolgte inmitten der zunehmenden Besorgnis der EU über seine Freundschaft mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban (sowie mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic, der Xi kurz vor Orban empfing). In den anschließenden Diskussionen wurde die Vorstellung von Mittel- und Osteuropa (MOE) als Chinas „Trojanisches Pferd„kann durchaus wieder ins Rampenlicht gerückt werden. Es ist daher nützlich zu beurteilen, wie zutreffend diese Metapher jemals bei der Darstellung der chinesisch-ungarischen Beziehungen war, ganz zu schweigen von den Beziehungen zwischen Mittel- und Osteuropa und China im weiteren Sinne.
Die China-CEE-Plattform, auch bekannt als 17+1 (oder in seinem aktuellen Format als 14+1) steht seit langem in der Kritik, China mit wirtschaftlichen Mitteln politischen Einfluss auf die EU zu verschaffen. In den letzten Jahren waren die meisten CEE-Mitgliedsstaaten EU-Mitgliedstaaten neu verhandeln allerdings ihre Beziehungen zu China. Solche Bedenken gelten für die meisten dieser Staaten nicht mehr, da Orbans herzliche Beziehungen zu Xi Ungarn faktisch zu einem regionalen Sonderling machen.
Abgesehen davon, dass Orban seine Beziehungen zu China für die Politik innerhalb der EU nutzt, gibt es jedoch mehrere Probleme mit der Metapher vom „Trojanischen Pferd“, insbesondere wenn sie unkritisch auf alle Bereiche der chinesisch-ungarischen Beziehungen angewendet wird. Zunächst einmal bedeutet dies, dass Chinas Einfluss in Europa vor 17+1 nicht existierte. Tatsächlich war der Einfluss schon lange vorher da, da China sowohl Deutschland als auch Frankreich als seine Partner in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit betrachtete. Das hat natürlich geändertzumindest gemessen an der Unterstützung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Risikominderung der EU-Wirtschaft und die Stärkung der Verteidigung des Blocks (letzteres ist ohne die Rolle der NATO, die der französische Präsident zuvor innehatte, unwahrscheinlich). kritisch gegenüber).
Ein solcher Sinnes- und Geisteswandel hat jedoch auch in den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern stattgefunden und sowohl Paris als auch mehrere mittel- und osteuropäischen Hauptstädte (zumindest diejenigen, die innerhalb der EU liegen) auf eine Linie mit der zunehmend skeptischen Haltung Brüssels gegenüber China gebracht. Natürlich gibt es auch auf EU-Ebene Grenzen für den proklamierten Wandel. Die Änderung scheint sich auf die „Risikominderung“ Und „strategische Autonomie„Erzählungen, und selbst diese implizieren die Aussicht auf eine Annäherung an China, zumindest aus Pekings Sicht.
Die Metapher „Trojanisches Pferd“ selbst scheint eher auf diskursiven als auf materiellen Realitäten zu basieren, wobei einige Forscher dazu neigen, die Aussagen von Politikern und Regierungsbeamten für bare Münze zu nehmen. Aus dieser Perspektive überschätzt man leicht die Bedeutung von Äußerungen von Populisten wie Orban und unterschätzt das Handeln von Staatsmännern wie Bundeskanzler Olaf Scholz.
Wenn es jedoch um wirtschaftliche Fragen geht – einschließlich chinesischer Elektrofahrzeuginvestitionen in Ungarn, die neue Bedenken hinsichtlich ihrer möglichen Diskrepanz mit der Risikominderungsagenda der EU hervorgerufen haben – ist es wichtig, die Position Ungarns im Automobilsektor im Allgemeinen nicht zu vergessen Wert Ketten, und die daraus resultierenden strukturellen Einschränkungen für die außenpolitische Handlungsfähigkeit seiner Eliten. Dies soll natürlich nicht etwaige Handlungen der Fidesz-Regierung entschuldigen, die die Außenpolitik der EU untergraben, sondern vielmehr dazu dienen, die Diskussion über die China-Politik der EU und die jeweiligen Rollen ihrer Mitglieder bei der Ausgestaltung dieser Politik noch nuancierter zu gestalten Politik.
Peripherie der europäischen Automobilindustrie
Angesichts der Abhängigkeit der CEE-Volkswirtschaften von der Automobilindustrie und des Vorstoßes der EU für ihre grünen Übergangsziele haben die meisten CEE-Länder schnell die Notwendigkeit ihres jeweiligen Übergangs zur Elektromobilität erkannt. Dies ist sicherlich im Fall der Fall V4-Staaten (Tschechien, Ungarn, Slowakei und Polen), die durch die Verlagerung ihrer Produktionsstätten ins Ausland zu wichtigen Produktionsstandorten für deutsche Automobilhersteller wurden. Das hat zum Hoch geführt Einbettung der V4-Volkswirtschaften in den Lieferketten der deutschen Automobilhersteller, wodurch das Wirtschaftswachstum der Länder davon abhängig wird ausländische Direktinvestitionen im Automobilbereich.
Da China bei der weltweiten Umstellung auf Elektrofahrzeuge führend ist, ist der anhaltende Wettbewerb zwischen den vier Staaten bei der Gewinnung chinesischer Elektroinvestitionen nicht überraschend. Auch die Wahl des V4 für die Elektrofahrzeug-bezogenen Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa ist nicht der Fall. Der Bedarf chinesischer Automobilunternehmen, Produktionsstätten in Europa zu errichten, wird im Zuge der EU wahrscheinlich zunehmen Antisubventionsuntersuchung in die Importe von in China hergestellten Elektrofahrzeugen.
Da die V4-Staaten ausländische Direktinvestitionen im Bereich Elektrofahrzeuge anziehen müssen, um das weitere Wachstum ihrer jeweiligen Volkswirtschaften sicherzustellen, dürfte sich auch der Wettbewerb um die Unterbringung der einzelnen chinesischen Werke verschärfen, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Staaten dadurch mehr Mehrwert generieren können. Dies ist gerade aufgrund ihrer Stärken in Prozessen mit niedrigerer (statt höherer) Wertschöpfung, wie der Fertigung und Montage, relevant. Der Attraktivität der V4-Staaten wird noch deutlicher, wenn man nicht nur die niedrigeren Arbeitskosten und Produktionsstärken der Staaten berücksichtigt, sondern auch ihre geografische Nähe zu den überwiegend deutschen Partnern, Lieferanten und Kunden chinesischer Unternehmen in Europa.
Die meisten chinesischen EV-bezogenen Investitionen in den V4 wurden in den letzten zwei Jahren angekündigt, wobei Ungarn dies anzog größte Zahl solcher Investitionen, insbesondere in die Herstellung von EV-Komponenten (einschließlich Batterien). Das bemerkenswerteste Projekt ist das CATL-Batteriewerk in Debrecen, das im August 2022 angekündigt wurde und sich derzeit im Bau befindet. Sobald es gebaut ist, wird es nicht nur die größte chinesische Investition in Ungarn (im Wert von 7,3 Milliarden Euro) sein, sondern auch ein wichtiger Schritt in Richtung Orbans Plan, Ungarn in die EU zu verwandeln Produktionszentrum für EV-Batterien.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die größten Nutznießer des Kraftwerks vor allem deutsche Unternehmen sein werden Mercedes als größter Kunde. Ein Großteil der führenden Automobilhersteller in Ungarn sind Tochterunternehmen deutscher Unternehmen, und da sich die V4-Staaten auf Aktivitäten mit geringerer Wertschöpfung spezialisiert haben, fließen die meisten Gewinne an die Mutterunternehmen in Deutschland. Darüber hinaus, BMW (ein weiterer deutscher Automobilhersteller mit mehreren Produktionsstätten in Deutschland und China) spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von CATL zum Weltmarktführer in der Batterieherstellung und unterstreicht die wichtige Rolle Deutschlands in der China-Deutschland-CEE Lieferketten.
Deutsche Hauptstadt als „Achillesferse“ der EU
Zurück zur China-Politik der EU, den Prozessen der ungleichen und kombinierten Entwicklung innerhalb der EU Kern-Peripherie Struktur der europäischen Automobil-Wertschöpfungsketten (wobei Ungarn und andere V4/CEE-Staaten an der Peripherie liegen) sowie die Arbeitsteilung innerhalb der Produktionsnetzwerke China-Deutschland-Mittel- und Osteuropa schränken die Entscheidungsfreiheit Ungarns bei der Festlegung der Politik erheblich ein.
Stattdessen, wie in der Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und Frankreich im Hinblick auf die EU Anti-Subventions-Sonde In Bezug auf die Importe chinesischer Elektrofahrzeuge (Frankreich ist für eine Untersuchung, Deutschland dagegen) ist es eine spezifische Konfiguration von Klasseninteressen innerhalb der europäischen Kernmächte, die die China-Politik der EU bestimmt.
Aufgrund der Abhängigkeit Aufgrund der Bedeutung seiner Automobilhersteller auf dem chinesischen Markt und ihrer bedeutenden Rolle bei der Gestaltung der Beziehungen Deutschlands zu China tendiert Deutschland dazu, sich gegen Maßnahmen zu stellen, die als protektionistisch angesehen werden könnten, und tritt als Verteidiger auf neoliberale Werte stattdessen. In einigen Fällen jedoch divergierende Interessen innerhalb der deutschen Exportindustrie angesichts der Ungleichmäßigkeit der globalen kapitalistischen Entwicklung haben den Staat dazu veranlasst, einen protektionistischeren Ansatz zu verfolgen, was Deutschland auch vorhat subventionieren Der angekündigte Bau einer Halbleiter-Foundry durch TSMC in Dresden ist hierfür ein gutes Beispiel.
Das Deutsch Mittelstand Die Partei, die faktisch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) steht und durch den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vertreten wird, ist China gegenüber tendenziell kritischer eingestellt als die Großunternehmen. Tatsächlich ist es nicht nur der BDI unterstützend Teil der Risikoabbau-Agenda der EU, aber es ist Bericht 2019 der China als „systemischen Konkurrenten“ bezeichnete, ging dem berühmten der EU voraus Triptychon von China als Partner, Konkurrent und Rivale. Auch zwischen den Hauptexportbranchen Deutschlands gibt es unterschiedliche Ansichten, wobei die eher unkritische Haltung gegenüber China mit den großen Konzernen der Automobilindustrie in Verbindung gebracht wird.
Letztere sind die Klasseninteressen, die hinter Deutschlands Widerstand gegen die Antisubventionsuntersuchung der EU stehen. Tatsächlich sind sie diejenigen, die im Scholz-Kabinett am häufigsten vertreten sind, was auch während der Kanzlerkonferenz deutlich zu sehen war Besuch im April nach Peking. Nicht nur Scholz schien es zu tun herunterspielen Die Bedrohung durch subventionierte chinesische Elektrofahrzeuge für ihre europäischen Konkurrenten wurde deutlich, doch im Anschluss an den Besuch unterzeichneten die beiden Länder ein Abkommen Datenaustauschvereinbarung bei der Entwicklung autonomer Autos und untergräbt damit die Risikominderungsagenda der EU weiter.
Hüten Sie sich vor der chinesisch-ungarischen Sicherheitskooperation
Dies bedeutet natürlich nicht, dass Budapest in seinen Beziehungen zu Peking keine Entscheidungsfreiheit genießt und auch nicht, dass die chinesisch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen nicht genau unter die Lupe genommen werden sollten. Das Bedeutsame finanzielle Schwierigkeiten der Fidesz-Regierung und ihrer Unfähigkeit, darauf zuzugreifen Da Orbán aufgrund seiner Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit den Großteil seiner EU-Kohäsionsfonds in Anspruch nimmt, wird Orban seine Wirtschaftsbeziehungen zu China wahrscheinlich noch weiter ausbauen und gleichzeitig die Beziehungen auf neue Bereiche ausweiten.
Tatsächlich wurde lange erwartet, dass Xis Aufenthalt in Budapest nicht nur Ankündigungen weiterer chinesischer Investitionen in Infrastruktur- und Elektrofahrzeugprojekte, sondern auch eine weitere Diskussion darüber beinhalten würde Sicherheitskooperationsabkommen im Februar zwischen den beiden Staaten unterzeichnet. Obwohl die Einzelheiten dieser Vereinbarung noch unklar sind, gibt sie Anlass zu besonderer Sorge. Das Abkommen soll angeblich die Präsenz chinesischer Polizeibeamter in Ungarn erleichtern, was effektiv eine direkte Überwachung der chinesischen Diaspora ermöglichen würde – nicht nur in Ungarn, sondern in der gesamten EU.
Aus diesem Grund könnte Ungarn durchaus zum „Trojanischen Pferd“ Chinas in (sowohl traditionellen als auch menschlichen) Sicherheitsfragen werden, was Anlass zur Sorge über die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft des Landes gibt. Dennoch spielt Deutschland die Rolle der „Achillesferse“ der EU, wenn es um die wirtschaftlichen Beziehungen der Union zu China geht. Denn wenn man seine Position innerhalb der EU bedenkt, kann es erst nach einer Kursänderung Deutschlands zu einer substanzielleren (nicht nur rhetorischen) Änderung der China-Politik der EU kommen.