Aufmerksamen Mozart-Zuhörern wird vielleicht bald auffallen, dass in ihren Streaming-Feeds eine unbekannte Melodie aus seinen Kindheitswerken zu hören ist.
In einer Bibliothek in Leipzig ist ein verlorenes Notenmanuskript aufgetaucht, das vermutlich vom legendären österreichischen Komponisten stammt und mindestens aus dem Jahr 1769 stammen soll. Die Entdeckung bietet die Gelegenheit für 12 Minuten jahrhundertealter, aber neu entdeckter Musik von einer der bekanntesten Persönlichkeiten der klassischen Welt, und Fans haben die Gelegenheit bereits genutzt.
Das Stück mit dem Titel „Serenade in C“ und einer Bearbeitung für ein Streichtrio mit zwei Violinen und einem Bass entstand im Zuge der gewaltigen Anstrengungen, das „Köchel“ neu zusammenzustellen, zu katalogisieren und eine Neuausgabe zu veröffentlichen. Bei dem 160 Jahre alten Kompendium der Werke Mozarts handelt es sich um die endgültige Sammlung, die zuletzt 1964 aktualisiert wurde.
Nach Angaben des Verlags Breitkopf & Härtel sowie der Internationalen Stiftung Mozarteum im österreichischen Salzburg ist die „bisher unbeachtete“ Serenade eine von zahlreichen Entdeckungen der Neuausgabe, hebt sich aber aufgrund ihrer Vollständigkeit und fast völligen Unbekanntheit von der Masse ab.
Während manche der aufgetauchten Musikstücke zuvor verloren gegangen waren, ihre Existenz jedoch bekannt war oder deren Echtheit bereits jahrelang Gegenstand von Debatten war, geben diese neuesten Takte und Maßnahmen Anlass zu Rätseln – eines, das das Verständnis der Forschung für die frühen Jahre des Künstlers erweitern könnte.
Neal Zaslaw, Ulrich Leisinger, Nick Pfefferkorn und Johannes Honsig-Erlenburg posieren mit Exemplaren des neuen Kochel-Kompendiums der Werke Mozarts (Bildnachweis: Stiftung Mozarteum)
„Bislang war uns der junge Mozart vor allem als Komponist von Tastenmusik sowie von Arien und Sinfonien bekannt“, heißt es in der Pressemitteilung von Köchel-Herausgeber und Forschungsleiter des Mozarteums, Ulrich Leisinger.
„Wir wissen …, dass er in seiner Jugend noch zahlreiche weitere Kammermusikwerke schrieb, die leider alle verloren gegangen sind. Es sieht so aus, als sei – dank einer Reihe günstiger Umstände – in Leipzig ein komplettes Streichtrio erhalten geblieben.“
Hinweise zum kompositorischen Kontext
Die einzige im Archiv erhaltene Quelle, heißt es in der Pressemitteilung des Mozarteums, schreibt das Werk „Wo[l]„Gang Mozart“ – ein Detail, das einen entscheidenden Hinweis auf seine Herkunft bietet.
Etwa bei seinem ersten Italienbesuch im Jahr 1769 begann Mozart damit, verschiedene Übersetzungen von „Amadeus“ in seinen Spitznamen aufzunehmen. Dabei handelt es sich um die Übersetzung eines seiner drei zweiten Vornamen, Theophilus.
Das Weglassen des zweiten Vornamens, so das Mozarteum, untermauert die Interpretation, dass das Manuskript aus der Zeit vor der Neuerfindung der Marke des jungen Komponisten stammt. Dies wird auch durch die Musik selbst untermauert, die laut Köchel-Experten den musikalischen Konventionen und Stilen der 1760er Jahre ähnelt.
Dieses Bild der Salzburger Olympiabewerbung 2014 zeigt die Stadt mit ihrem berühmten Wahrzeichen, der Burg Hohen Salzburg. (Österreichisches Olympisches Komitee)
Was weitere Hinweise zur Herkunft des Stücks angeht, sagt Leisinger, man sei versucht, darüber zu spekulieren, wie das Stück so lange in Vergessenheit geraten konnte und warum es überhaupt komponiert wurde.
„Die Quelle war offenbar Mozarts Schwester“, wird er in der Mitteilung des Mozarteums zitiert.
„Man könnte meinen, sie habe das Werk als Andenken an ihren Bruder aufbewahrt. Vielleicht hat er das Trio speziell für sie geschrieben.“
Spiel es noch einmal, Wolfgang
Man könnte meinen, dass Streichmusiker bei der Entdeckung unbekannter, weitgehend unbekannter Noten, die angeblich aus Mozarts Feder stammen, aufgeregt nach ihren Bögen greifen würden, und damit liegen Sie richtig.
Bei einem Open-Air-Konzert in der Stadt seiner Entdeckung spielte kürzlich ein Streichtrio der Leipziger Musikhochschule [JSO] führte die 12-minütige Serenade vor einem Livepublikum auf; es war eines der ersten Male seit Jahrhunderten, dass dieses Arrangement zu hören war.
Die Interpreten, darunter Elisabeth Zimmermann am Cello und Vincent Geer und David Geer an den Violinen, spielen laut JSO im Jugendsinfonieorchester der Schule.
Das Konzert, das auf den Stufen vor der Oper Leipzig stattfand und am Sonntag auf YouTube gepostet wurde, wurde dort seither über 90.000 Mal aufgerufen – und es werden immer mehr.
Seit ihrer Entdeckung wurde die Serenade für die Nachwelt in den Kochel aufgenommen und als KV 648 indiziert. Mittlerweile ist sie auch unter dem informellen Namen „Eine ganz kleine Nachtmusik“ bekannt.
Die siebte Ausgabe des Kochel ist jetzt als Printausgabe und online erhältlich.