Die Europäische Union hat mit der aktualisierten Produkthaftungsrichtlinie (Product Liability Directive, PLD) ein transformatives Regelwerk zur Produkthaftung verabschiedet, das am 8. Dezember 2024 in Kraft trat des Aufkommens digitaler Technologien und des Wachstums globaler Lieferketten. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen diese Regeln bis zum 9. Dezember 2026 in ihre nationale Gesetzgebung umsetzen.
Was sind die Schlüsselelemente der neuen PLD?
Die neue PLD ersetzt die Richtlinie von 1985 und passt den europäischen Rechenschaftsrahmen an die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts an. Die neue Richtlinie stellt sicher, dass Menschen, die durch fehlerhafte Produkte geschädigt werden, unabhängig davon, ob es sich um herkömmliche Produkte oder um fortschrittliche Technologien wie künstliche Intelligenz handelt, Schadensersatz verlangen können. Die Richtlinie modernisiert die EU-Vorschriften, indem sie sich auf drei Hauptziele konzentriert:
Die neue Richtlinie wird an das digitale Zeitalter angepasst und erweitert die Haftung auf Software, KI-Systeme und digitale Produkte.
Das neue PLD ist so konzipiert, dass es an globale Lieferketten angepasst werden kann. Die Richtlinie stellt sicher, dass Opfer gegen in der EU ansässige Unternehmen vorgehen können, auch wenn der Hersteller außerhalb der EU ansässig ist.
Die neue Richtlinie bietet einen verbesserten Opferschutz und mehr Rechtsklarheit. Die Richtlinie zielt außerdem darauf ab, die rechtlichen Verfahren zu rationalisieren, indem sie Klägern Zugang zu Beweismitteln ermöglicht, die dem Fall angemessen sind, und die Beweislast erforderlichenfalls verringert.
Wer hat Anspruch auf Entschädigung?
Das PLD leistet Entschädigung für alle, die durch ein fehlerhaftes Produkt geschädigt wurden, einschließlich des Eigentümers, Unbeteiligter und Familienangehöriger. Folgende Schadensarten können geltend gemacht werden:
Im Falle von Tod oder Körperverletzung (einschließlich physischer und psychischer Schäden), Sachschäden oder Zerstörung oder Beschädigung von Daten kann Schadensersatz verlangt werden. Obwohl Unternehmen grundsätzlich als Anspruchsberechtigte ausgeschlossen sind, gelten in einigen EU-Ländern möglicherweise gesonderte Regelungen, die es Unternehmen ermöglichen, Schadensersatz für fehlerhafte Produkte zu verlangen.
Welche Parteien können zur Verantwortung gezogen werden?
Bisher lag die Haftung grundsätzlich beim Hersteller des fehlerhaften Produkts. Das neue PLD sieht vor, dass ein Opfer eine Klage gegen andere Parteien einreichen kann, wenn der Hersteller seinen Sitz nicht in der EU hat, wie zum Beispiel:
Importeure oder autorisierte Vertreter innerhalb der EU. Fulfillment-Dienstleister, sofern die oben genannten Unternehmen nicht vorhanden sind. Vertriebshändler, wenn keine in der EU ansässige verantwortliche Partei identifiziert wird oder nicht innerhalb eines Monats auf Informationsanfragen antwortet
Dieser Rahmen stellt sicher, dass sich Opfer immer an eine Partei mit Sitz in der EU wenden können.
Online-Plattformen werden überwacht
Das PLD erkennt die wachsende Rolle des E-Commerce an und stellt ausdrücklich die Verantwortung von Online-Plattformen, wie beispielsweise Marktplatzbetreibern, klar. Für den Fall, dass eine Plattform als Hersteller, Importeur oder Händler auftritt, kann sie rechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Es ist zu beachten, dass auch Plattformen, die als Vermittler auftreten, unter bestimmten Voraussetzungen haftbar gemacht werden können, wie im Digital Services Act (DSA) vorgesehen.
Was ist ein „mangelhaftes“ Produkt?
Gemäß der PLD gilt ein Produkt als fehlerhaft, wenn es nicht den erforderlichen Sicherheitsstandards oder den geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die Richtlinie gilt für alle Arten von Produkten, einschließlich traditioneller Waren, Rohstoffe sowie digitaler und vernetzter Produkte.
Der Mangelbegriff wurde auch auf Software ausgeweitet, sei es als eigenständiges Produkt oder integriert in Geräte. Dies unterstreicht die Anwendbarkeit der Richtlinie auf KI-Systeme, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Zur Veranschaulichung:
Auch Mängel aufgrund von Updates, Upgrades oder maschinellen Lernfunktionen sind abgedeckt. Hersteller können weiterhin für Probleme haftbar gemacht werden, die nach der Veröffentlichung auftreten, wenn der Mangel zum Zeitpunkt der Bereitstellung bestand.
Veränderte Produkte: eine neue Verantwortung
Die Regeln regeln auch die Haftung für erheblich veränderte Produkte, beispielsweise generalüberholte Geräte. Wer wesentliche Änderungen an einem Produkt vornimmt, stellt ein „neues Produkt“ dar, für das dann der Hersteller verantwortlich ist.
Wann sollten Opfer einen Schadensersatzanspruch einreichen?
Schadensersatzansprüche für fehlerhafte Produkte können innerhalb von 10 Jahren ab dem Datum der erstmaligen Bereitstellung des Produkts auf dem Markt geltend gemacht werden. Bei gesundheitlichen Problemen, bei denen der Schaden nicht sofort erkennbar ist, verlängert sich die Frist auf 25 Jahre. Die Klage muss innerhalb von drei Jahren nach Kenntniserlangung des Mangels und Schadens durch den Kläger erhoben werden.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass eine Reihe weiterer Maßnahmen mit dem Ziel eingeführt wurden, Transparenz und Effizienz sicherzustellen.
Offenlegung von Beweisen: Kläger und Beklagte können Zugang zu den für den Fall erforderlichen Beweisen beantragen und so gleiche Wettbewerbsbedingungen in Gerichtsverfahren gewährleisten. Gerichtstransparenz: Nationale Oberste Gerichte und Berufungsgerichte sind verpflichtet, ihre Produkthaftungsurteile in einer EU-weiten Datenbank zu veröffentlichen wird derzeit für den öffentlichen Zugang entwickelt.
Was kommt als nächstes?
Die neuen Regelungen gelten offiziell für Produkte, die ab dem 9. Dezember 2026 auf den Markt gebracht werden. Für Produkte, die vor diesem Datum auf den Markt gebracht werden, bleibt die Haftung gemäß der Richtlinie von 1985 bestehen. Diese Übergangsfrist ermöglicht es Herstellern, Online-Plattformen und anderen Interessengruppen, sich an die neuen Vorschriften anzupassen Vorschriften.
Ursprünglich veröffentlicht in The European Times.
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